Emei Shan, Leshan und Ya'an
Raus aus der Stadt, rein ins Getümmel
22.07.2016 - 27.07.2016
28 °C
Nach ein paar Tagen Grossstadt geht es nun raus in die Natur. Ganz in der Nähe von Chengdu befindet sich das Emei-Shan-Gebirge, wo einer der vier heiligen buddhistischen Berge Chinas erklommen werden kann. Im gesamten Gebirge sind unzählige Tempel, Pagoden und Klöster verstreut, die man besuchen kann.
Unser Abenteuer beginnt mit der Erkenntnis, dass sich wiederum viele, viele chinesische Touristen dasselbe vorgenommen haben. Der Ausgangsort für die Wanderungen ist die Ortschaft Bàoguó, die in unserem schlauen Buch noch als "Dorf" beschrieben wird. Mittlerweile ist sie zu einem beachtlichen Touristen-Hub herangewachsen. Das empfohlene Guesthouse, das ausnahmsweise nicht ausschliesslich auf chinesische Gäste ausgerichtet ist, gibt es zum Glück noch. Der Name "Teddy Bear Hotel" ist Programm: Bären, so weit das Auge reicht. Bettwäsche, Geschirr, Tapete, Zimmerdeko - ja sogar auf dem stillen Örtchen erinnert noch ein Bärchen daran, das Papier im entsprechenden Eimerchen zu entsorgen (woran wir uns ja bereits bestens gewöhnt haben).
Mein Vergnügen in Emei wird jedoch durch eine Fussverletzung getrübt, die ich mir während unserer Stadtwanderungen in Chengdu aufgrund schlechten Schuhwerks zugezogen habe. So muss sich Katja alleine auf die heiligen Pfade des Emei-Shan begeben, während ich mich in der Bärenhöhle mit Kühlgel wieder gesund pflege.
Der Berg ruft!
Auf den unzähligen Wanderrouten geht man immer wieder lauschigen Bächen entlang.
In Stein gehauene Szenen zieren den Wegesrand.
Einer der Abschnitte ist berüchtigt für seine rabiaten Makaken-Banden. Die diebischen Affen klauen den vorbeiziehenden Wanderern alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Dass es die sensationslustigen Chinesen den Wegelagerern einfach machen, liegt auf der Hand.
Solche Steintreppen ziehen sich durchs ganze Gebirge und führen zu den verschiedenen Tempeln und Klöstern.
Der Wannian-Tempel ist eines der vielen Etappenziele im Emei-Gebirge.
Leshan
Ganz in der Nähe von Emei befindet sich eine weitere Topattraktion der Provinz Sichuan: der riesige Steinbuddha von Leshan.
Im 8. Jahrhundert beschloss ein gewisser Mönch namens Hai Tong, eine mächtige Buddha-Statue aus den Felsen zu hauen, der die Fluten am Zusammenfluss dreier Flüsse beschwichtigen und für die Schifffahrt sicherer machen sollte. Gesagt, getan: Hundert Jahre nach seinem Tod waren das Riesenwerk vollbracht und die Fluten besänftigt (was weniger an der Zauberkraft der Statue lag, sondern daran, dass der Aushub in den Fluss geschüttet und der Wasserlauf so verändert wurde).
Heute kann man den Dafo ("grosser Buddha") von allen Seiten bewundern. Zunächst gibt eine Aussichtsplattform den Blick auf den Kopf frei, anschliessend kann man nach ca. 2 Stunden Schlangestehen den Abstieg zu den Füssen der gigantischen Statue in Angriff nehmen. Über schmale, steile und rostige Treppen zwängt man sich im Schneckentempo aneinander vorbei, bis man schliesslich zu Buddhas riesigen Füssen gelangt und das monumentale Kunstwerk aus der Froschperspektive bestaunen kann.
Nur nicht drängeln, bitte!
Frosch- bzw. Fussperspektive.
Seine Masse beeindrucken: Gesamthöhe 71 m, Schulterbreite 28 m, Ohren 7 m, Nasenlänge 6 m, Schuhgrösse 1200. Wir haben ja schon manche Buddha-Statuen, ob stehend, liegend oder sitzend, gesehen, aber der gutmütig lächelnde Dafo von Leshan übertrifft sie alle!
Da man dieses sanfte Ungetüm mit der Kamera kaum einfangen kann, werden kurze Bootsfahrten auf dem Fluss angeboten, die eine günstigere Perspektive ermöglichen. Irgendwie fühlen wir uns bei seinem Gesamtanblick an den Steinbeisser aus der Unendlichen Geschichte erinnert, als könnte der Dafo jeden Moment aufstehen und davonspazieren.
Natürlich gilt "safety filst"!
Pandas zum Zweiten
In derselben Region wie Emei Shan und Leshan liegt die beschauliche und eher graue Provinzstadt Ya'an, wo man in einer weiteren Pandazuchtstation auf Tuchfühlung mit dem WWF-Maskottchen gehen kann. Der Besucherandrang ist hier um einiges geringer als in Chengdu, allerdings lassen sich auch weniger Pandas blicken. Wir haben gehofft, dass das kühlere und regnerische Klima die schwarz-weissen Faulpelze animieren würde, aber weit gefehlt. Ein paar spärliche Auftritte können wir aber dennoch einfangen.
Der ständige Streit mit dem köstlichen Bambusstängel.
Die Pandastation liegt am Ende einer dramatisch-schönen Schlucht, der man entlangwandern könnte. Dazu führt ein Lift 90 Meter zum Fluss hinab. Da die Wanderung wegen meinem momentanen Handicap für uns nicht drin liegt, nutzen wir wenigstens die Gelegenheit für ein paar schöne Aufnahmen.
Nicht gerade ansehnlich, der Lift, aber ungemein praktisch.
Am Grund der Schlucht wähnt man sich fast wie im Regenwald.
Zurück in Ya'an merken wir, dass die Stadt gar nicht so unsymphatisch ist. Auf dieser Brücke befindet sich ein Hotel, zahlreiche Restaurants und Souvenirläden sowie ein chinesisch-koreanisches Barbecue-Restaurant, das wir per Zufall entdeckt und natürlich besucht haben. Dem gesamten Fluss entlang reihen sich Teehäuser und Hot-Pot-Restaurants, in denen die Einwohner den lauen Abend geniessen.
Brutzeln wie in Korea.
Ein seltener Anblick auf unserer Reise: eine katholische Kirche.
Wenn man in Ya'an ist, kann man sich in der Nähe (rund 3 h Weg) das traditionelle Dorf Liu Jiang ansehen, wo alte Holzhäuser und Banjan-Bäume den Fluss säumen und alte Tempel, Innenhöfe und Teehäuser zum Verweilen einladen. Aber auch hier hat der Bauboom und der erbitterte Kampf um die Gunst der Touristen längst eingesetzt. Die ausgeschilderten Bauprojekte rund um den Dorfkern verheissen grosse Hotels, Shoppingcenter und einen Aquapark. Ein weiteres Mal wird uns bewusst, dass man in China unter "Heimatschutz" und "kulturellem Erbe" etwas anderes versteht als bei uns ...
Nudeln werden zum Trocknen aufgehängt.
Krabbeltiere zum Knabbern - wer's mag ...
Ein geliebtes Hobby älterer Chinesen: das Halten von Singvögeln.
Und mit diesen letzten Eindrücken kehren wir dem schwülen Tiefland von Chengdu den Rücken zu und machen uns auf den Weg in die kühleren und vor allem höheren Gefilde Sichuans. Davon mehr nächstes Mal ...
Posted by b.visser 07:31 Archived in China Tagged leshan giant_panda giant_buddha emei_shan ya'an liujiang Comments (1)